10
Sep
2010

Klangkörper

Er lauscht. Konzentriert. Fährt sich mit der der linken Hand durch das pomadisierte Haar, das glatt nach hinten gekämmt ist. Dann klopft er mit dem Taktstock gegen das Pult.
„Wenn eine pianissimo steht geschrrieben, warum isch hörre dann keine?“
Sein Deutsch ist auch nach zwei Jahren als Generalmusikdirektor noch sehr spanisch gefärbt. Es verleiht aber dem, was er Orchester und Chor zu sagen hat Expressivität, eine gewisse Wucht und Bestimmtheit.
„Wiederrholen … und machen sie die Lippen zu, meine Damen und Herrren, ich will die pianissimo, nix piano, bitte sehrr …“. Die linke Hand geht jetzt hoch zu seinem Mund. Mit Zeigefinger und Daumen fasst er seine Lippen, um der Anweisung Nachdruck zu verleihen.

Stolz aufgerichtet, mit durchgedrücktem Rücken hat er etwas von einem Torero. Er strafft die Schultern, klopft erneut gegen das Pult, blättert die Seiten der Partitur zurück und hebt den Taktstock. Rascheln im Orchester im Chor, dann Stille, Auftakt. Die Streicher entwickeln das Thema des Kyrie. Silbrig hell und zart. Beim Einsatz des Chores singt er mit, rollt beim „requiem aeternam“ das „R“: Das „E“ gurgelt aus seinem Mund wie ein „Ä“, schaurig und mitreißend zugleich. Er singt falsch. Niemanden irritiert das. Er führt, verführt benutzt. Die Sänger überlassen sich ihm.

©GJ20100910
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Zuletzt aktualisiert: 13. Feb, 21:00

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