23
Jan
2011

Abgebrüht

Gehäutet glänzt du sonnengelb,
versprichst mit deiner Farbe, deinem Saft,
tatsächlich mehr als deine weiße Variante,
die dennoch feiner, das stärkere Aroma hat.

So abgebrüht trotz zarter Hülle,
bist du die Frucht, die Eva,
gewiss dem Apfel vorgezogen hätte

bringst uns Genuss in reicher Fülle.

©GJ2011
(Themengedicht, "Obst")

10
Jan
2011

2. Januar 2011

eine schaufel / nicht für den schnee
sondern gedankenmüll hinauszuwerfen
platz zu schaffen fürs schauen / inneraugs
nach vorn

"herzschaufel" ist nicht mehr frei
bleibe
wiege dich
lass den atem schaukeln
er findet den weg geradeaus
hast du ein taschentuch?



sinnfreie besinnung ist sinnlos
sinnhaftes end sinnen haltlos

8
Nov
2010

làir du temps

unablässig bewegen sich die ströme / der schacht schluckt einseitig und spuckt parallel dazu aus / menschen unterwegs / zu irgendwelchen zielen / treibholz ich / mittendrin / ringsum verschlissene luft / von massen die atmen und lärmen / angst fortgeschwemmt zu werden / in diesem tosen zu ersticken / versuche mich einzureihen / kalter schweiß wechselt ab mit hitzewellen / werde nach oben geschoben ans licht / suche ein stück himmel / vergeblich / das blau ändert nichts / tief und gleichmäßig durchatmen musst du / leite ich mich an / ruhe bewahren / mehr kannst du nicht tun / ich möchte schreien / tonlose laute ringen mit der trockenheit auf der zunge / den stimmbändern / beklemmung / zementne starre / zerre den schal vom hals / frösteln erfasst mich / wohin soll ich mit mir

©GJ20101108

22
Okt
2010

Wenigstens

Die Luft ist eine neblige Brühe. Sie wabert und lässt die Umgebung verschwimmen. Das Rot der Rücklichter langsam vorbeifahrender Autos schwindet nach einigen Metern bereits aus dem Blick. Die Scheinwerfer der wenigen entgegenkommenden blenden. Sobald die Fahrgeräusche verebben, ist die nasse Stille hörbar mit jedem Tropfen, der von den braun gewordenen Blättern der alten Kastanien perlt. Das Licht der Laternen entlang des Gehwegs schimmert matt, erreicht kaum die Erde.
Diese Zeit macht müde, nimmt dem Leben das Tempo, stellt Milchglasscheiben auf, taugt nicht für einen Neubeginn. Sie kleidet dich aus mit der Traurigkeit von Jahren. Jedes einzelne hat immer wiederkehrend Frühling, Sommer, Herbst und Winter durchlebt. Pausenlos. Du fühlst dich abgeschlagen, niedergerungen. Gedanken kommen zwangsläufig, sind bizarr und lästig zugleich. Du bist zu einsam um allein zu sein. (Selbst die Bäume stehen paarweise). Du gehst wie durch lockere Watte ohne Eile. Riechst, als du an der leeren Koppel bist noch die Tiere. Meinst gar ihren Atem dampfen zu sehen, so sehr sehnst du Wärme herbei.

Wenigstens hat sie dir die Katze gelassen.

©GJ20101012

4
Okt
2010

vergehen VIII

nichts ist mehr (gut) wie es war
sicherheit gab es zwar nie/doch
unsicherheit als status quo
ohne übergang
die selbstwahrnehmung verloren
schwammiges haltsuchen im ungewissen
sichspüren im niederschreiben von banalitäten ...

©GJ20101004

29
Sep
2010

ernstfall

im unterirdischen
überleben eingerichtet
diszipliniert nach regeln
der alltag strukturiert
systematisch die abläufe
die helfen sollen
angst & zorn zu zügeln
fragen im zaum zu halten
bis nach der rückkehr
ins irdische

©GJ20100927

10
Sep
2010

Klangkörper

Er lauscht. Konzentriert. Fährt sich mit der der linken Hand durch das pomadisierte Haar, das glatt nach hinten gekämmt ist. Dann klopft er mit dem Taktstock gegen das Pult.
„Wenn eine pianissimo steht geschrrieben, warum isch hörre dann keine?“
Sein Deutsch ist auch nach zwei Jahren als Generalmusikdirektor noch sehr spanisch gefärbt. Es verleiht aber dem, was er Orchester und Chor zu sagen hat Expressivität, eine gewisse Wucht und Bestimmtheit.
„Wiederrholen … und machen sie die Lippen zu, meine Damen und Herrren, ich will die pianissimo, nix piano, bitte sehrr …“. Die linke Hand geht jetzt hoch zu seinem Mund. Mit Zeigefinger und Daumen fasst er seine Lippen, um der Anweisung Nachdruck zu verleihen.

Stolz aufgerichtet, mit durchgedrücktem Rücken hat er etwas von einem Torero. Er strafft die Schultern, klopft erneut gegen das Pult, blättert die Seiten der Partitur zurück und hebt den Taktstock. Rascheln im Orchester im Chor, dann Stille, Auftakt. Die Streicher entwickeln das Thema des Kyrie. Silbrig hell und zart. Beim Einsatz des Chores singt er mit, rollt beim „requiem aeternam“ das „R“: Das „E“ gurgelt aus seinem Mund wie ein „Ä“, schaurig und mitreißend zugleich. Er singt falsch. Niemanden irritiert das. Er führt, verführt benutzt. Die Sänger überlassen sich ihm.

©GJ20100910

4
Sep
2010

Mit einem lachenden ...

... und mit einem weinenden Auge ...
blicke ich auf das diesjährige Poets' Corner zurück.
Mit viel Liebe, Zeit und Einsatz von mir vorbereitet, war es mir nicht vergönnt, das Projekt selbst über die Bühne zu bringen.
Am 23. August erlitt ich völlig unerwartet einen Zusammenbruch auf Grund mehrerer Lungenembolien. Ich lebe gesund bewege mich genug, eine genetische Disposition wurde ausgeschlossen. Nun ja, ich werde sehen ... Mir geht es jetzt soweit gut mit der Antikoagulans Therapie.
Jedenfalls hieß das acht Tage strikte Bettruhe im Krankenhaus und war für mich das "Aus", für Poets' Corner.
Dass Poets' Corner dann doch über die Bühne ging ist einigen Mitgliedern des Vorstandes der Literaturgesellschaft Hessen e. V. und anderen freiwilligen Helfern zu verdanken.
Ich konnte am 24. August einigermaßen beruhigt alles delegieren und war dann trotz einer gewissen Traurigkeit nicht dabei gewesen zu sein sehr froh und glücklich, dass Poets’ Corner nicht ins Wasser gefallen ist. Obwohl ;-) … nass war es in diesem Jahr leider überflüssigerweise auch noch. Umso mehr ist der Einsatz jener Menschen zu würdigen, die aus dem Stand in meine Fußstapfen getreten sind.

Es ist alles gut verlaufen, wie ich aus "Mündlicher Überlieferung" ;-) erfuhr.

Dankeschön allen Beteiligten.


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Zuletzt aktualisiert: 13. Feb, 21:00

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