6
Feb
2011

Vom Verschwinden VI

Wie oft hatte er sich als Kind schon vorgestellt einfach nicht mehr da zu sein. Wenn er niemanden sah, so hatte er damals noch geglaubt, dass auch er nicht gesehen würde. Aber bald hatte er bemerkt, dass das Kinderkram war, und nicht stimmte, denn als er seinem kleinen Bruder mal den Kopf in den Komposthaufen gedrückt hatte um zu schauen, ob Horst-Günter verschwand, hatte Benno festgestellt, dass er ihn noch immer sah und nicht nur das … . Seine Mutter kam angerannt und brüllte was das Zeug hielt auf Benno ein, während sie Horst-Günter beruhigte und tröstete. Wie dumm von ihr dachte Benno, sie verstand nicht, dass er etwas Wichtiges ausprobiert hatte.
Einige Zeit nach diesem Vorfall, erinnerte Benno sich, war sein Mutter dann verschwunden. das fand Benno sehr schade, denn Mutter war im Grunde doch sehr nett zu ihm gewesen.
Nie nicht hatte Benno sie wieder gesehen, Dabei hatte sie bei ihrer letzten Begegnung so fröhlich ausgesehen, wollte nur zum Markt. Tja, man war nirgends mehr sicher heutzutage, überall konnte man verschwinden, wie die Tauben.

5
Feb
2011

„Zu zweit ist man weniger allein“

Heute mal nichts vom "Verschwinden" ...


„Zu zweit ist man weniger allein“


Im Rücken Musik von Strawinsky,
im Bauch die Sehnsucht nach dir.

Fifty/fifty
sagst du, Winterschlussverkauf
überall fünfzig Prozent.

Ich nehme dich ganz.

©GJ20110203

4
Feb
2011

Vom Verschwinden, die Fünfte

Es würden sich ihm ungeahnte Möglichkeiten auftun, wenn er erst unsichtbar war. Er, der langsam zu verschwinden drohte, konnte selbst Dinge, ja vielleicht Menschen verschwinden lassen, ohne dabei beobachtet zu werden. Auf diese Art war dann auch etwas Abwechslung in sein ehemals eintöniges Leben gekommen. Mit den Tauben hatte alles angefangen und er liebte sie immer noch, obgleich er auch ein wenig traurig wurde, wenn er zur Kenntnis nehmen musste, dass Tauben neuerdings weniger zahlreich in seiner direkten Umgebung anzutreffen waren.
Herr Jott hatte mal erwähnt, dass die Tauben systematisch ausgerottet werden sollten, diese „Flugratten“, wie Herr Jott sie genannt hatte. Aber das glaubte Benno nicht. Allerdings hatte er auch nicht den Mut, bei der Stadtverwaltung anzurufen und so dachte er eigentlich nur noch ganz selten darüber nach und besuchte häufiger auf seinen Spaziergängen auch andere Stadtteile.

3
Feb
2011

Vom Verschwinden Teil IV

Benno fütterte gern Tauben, gerade weil das Füttern verboten war. Es machte den Reiz für ihn aus: Verbotenes tun und dabei nicht gesehen werden.
Renate hatte sich vor langer Zeit, so schien es, von ihm getrennt. Jedenfalls hatte sie gesagt, sie möge nicht mehr zusehen. Renate hatte ihn beobachtet, zu einer Zeit, während der er ständig sichtbar gewesen sein musste. Es war nicht so, als habe er nicht aufgepasst, sich nicht zu verstecken gesucht. Aber jetzt gab es einen einschneidenden Unterschied zu damals, fühlte er sich doch zwischenzeitlich sicher ohne sich überhaupt verstecken zu müssen. Seine Schwäche, denn das musste er sich eingestehen, würde sich auf Dauer in eine unglaubliche Stärke verwandeln. Denn wirklich beängstigend, trotz der Schweißausbrüche, die ihn überfielen, fand Benno sein zeitweiliges Verschwinden nicht. Solange er seinen Körper spürte, Denken konnte, zur Arbeit fuhr, Spazieren ging und Tauben fütterte, ab und zu einen Film sah, ja solange er seinen Schweiß roch existierte er noch.

2
Feb
2011

Vom Verschwinden III

Er prüfte, wenn auch selten, ob er sich an jenen Tagen noch im Spiegel sehen konnte. Es beruhigte ihn zwar nicht was er sah, aber doch, dass er offenbar noch existierte.
Manchmal machte Benno auf dem Rückweg von der Arbeit in der U-Bahn den Versuch, redete sich ein es sei Spiel, einem der Alten, die zuhauf zustiegen seinen Sitzplatz anzubieten. Es war schon passiert, dass eine angesprochen Frau sich ihm auf den Schoß gesetzt hatte und nicht wieder aufgesprungen war. Also hatte sie ihn nicht gespürt.

Der Schneefall über Nacht brachte Ordnung in Bennos Welt, ließ der Schnee doch so manches verschwinden. Auch Dinge, die Benno nicht gern sah oder an die er nicht erinnert werden wollte. Da war die tote Taube direkt vor dem Ausgang, in der Gosse. Gestern hatte er die Einzelgängerin noch gefüttert, sie war zu zutraulich gewesen, zu nahe gekommen, konnte ja nicht wissen, dass es gefährlich werden konnte, dumme Taube. Jetzt war sie tot, unterm Schnee begraben. Unsichtbar. Aber er wusste, wo sie lag. er lief etwas schneller als sonst zu U-Bahn, heute grüßten ihn die Menschen, denen er begegnete.

30
Jan
2011

Vom Verschwinden 2

Meist jedoch verschanzte er sich hinter seinem PC, wo er insbesondere dann immer kleiner wurde, wenn sein Chef hereinkam, obwohl dieser zu klopfen pflegte. Unter den Achseln wurde Benno feucht und der Blick seines Chefs ging über ihn hinweg und manchmal, es war geradezu beängstigend durch ihn hindurch. Also sah Herr Jott dass Benno schrumpfte, denn vor gar nicht so langer Zeit waren sich ihre Blicke fest begegnet. Es gab Tage, aber diese wurden seltener, an denen Herr Jott etwas von ihm wollte. Dann holte er irgendeine Vertragsunterlage aus dem Ordner, den Benno zu hüten hatte, früher waren es mal Hunderte gewesen und ging grußlos hinaus. Benno hatte den Verdacht, dass er an solchen Tagen für Herrn Jott bereits unsichtbar geworden war.

29
Jan
2011

Vom Verschwinden

Benno hatte noch nicht verlernt über seinen Schatten zu springen, aber festgestellt, dass er keinen Abdruck mehr hinterließ. Irgendwann würde selbst das Springen, das er an Sonnentagen auf dem Fußweg von der U-Bahn bis zur Arbeitsstelle übte, zum unüberwindbaren Hindernis, aber bis es soweit sein würde, verblieb vielleicht noch etwas Zeit. Jedenfalls glaubte er das manchmal, wenn er klar war, im Kopf. Klar wie ein Wintermorgen bei Frost und einem Hoch von Ost ...

Fortsetzung folgt

26
Jan
2011

Gutgläubig oder naiv?

Gestern, teilte der Chef ihr mit, dass ihr Arbeitsvertrag nicht verlängert wird. An der Leistung läge es nicht. Er erzählte etwas von Umstrukturierung et cetera pp.
Es war nicht abzusehen, dass ihr Zweijahresvertrag nicht verlängert werden würde, hatte man ihr doch ganz anderes versichert ... Durfte sie aus dem Gleichgewicht geraten? Verdammt, es kratzte am Selbstwertgefühl und das Wasser schoss ihr in letzter Zeit ohnehin schnell in die Augen.
Die schönen, verheißungsvollen Worte klangen in ihren Ohren besonders heftig nach: "Neue Stelle geschaffen, wir arbeiten sie hier nicht ein, damit sie nach 2 Jahren wieder gehen und blabla ...“.

Aber so ist das nun mal, die Vorteile ihrer Anstellung als ältere Arbeitnehmerin, das heißt den Zuschuss (50%!) zum Gehalt, den hatte man gern mitgenommen, insofern war sie für die AWO eine billige Arbeitskraft ... völlig unerheblich, dass sie sich ein Bein ausgerissen hatte ...

… und dennoch ist da eine Stimme die beschwichtigt, an das Gute, das Uneigennützige im Menschen weiterhin zu glauben, auch im Kapitalismus. Gegen diese sich die andere Stimme, die laut gegen die Ungerechtigkeit protestieren möchte, nicht wirklich durchsetzen kann, weil die Kraft fehlt. Warum sind „Lohnabhängige“ bloß eine so geduldige Herde?

Wieder in die Bewerbungstretmühle zu müssen …
Sie war es müde.
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Zuletzt aktualisiert: 13. Feb, 21:00

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